Zweite Bürgerwerkstatt zum Mobilitätskonzept

Schülerinnen und Schüler stellen Ideen für sichere Schulwege vor

Wie kommen Kinder morgens sicher zur Schule? Wie können ihre Bedürfnisse und die von allen anderen, die in Birkenwerder zu Fuß, auf dem Rad, im Auto oder mit dem Bus unterwegs sind, zusammengebracht werden? Um solche Fragen ging es bei der zweiten Bürgerwerkstatt zum Mobilitätskonzept und zum Schulwegeplan für die Gemeinde. Kinder, Interessenvertreterinnen und -vertreter, Verwaltungsmitarbeitende, Einwohnerinnen und Einwohner diskutierten am 18. Mai in der Pestalozzi-Grundschule über teils sehr komplexe Probleme und mögliche Lösungen. Moderiert wurde der Abend von Inga Deibel, Markus Zahn und Roman Parzonka vom Ingenieurbüro Spiekermann.

 

 

Sie stellten die bisherigen Ergebnisse von Befragungen, Gesprächen und Begehungen vor, präsentierten die daraus abgeleiteten Ziele und mögliche Lösungsansätze und ermutigten alle Anwesenden, weitere Vorschläge einzubringen. 

Mitten in der Coronapandemie hatte die Gemeinde mit der Entwicklung des Mobilitätskonzeptes begonnen. „Wir haben heute Großes vor – und wir haben auch schon Großes hinter uns“, sagte Bürgermeister Stephan Zimniok. So gab es beispielsweise Treffen, die die Verkehrssituation aus Sicht der Radfahrenden und der Fußgängerinnen und Fußgänger beleuchten sollten. Ziel ist, die Wünsche und Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen zu erfassen und diese in die Planungen einzubeziehen. Eine komplexe Aufgabe, wie sich auch bei der zweiten Bürgerwerkstatt zeigte. 

Konflikte besonders an der B96

Die Stärken-Schwächen-Analyse, die Roman Parzonka vorstellte, zeigt eine Reihe von Problemfeldern auf, darunter einige Stellen an der B96 und der B96a, an denen es zu Konflikten und gefährlichen Situationen kommt. „Die Geh- und Radwege sind teilweise sehr schmal“, sagte Parzonka. Zu Spannungen komme es auch an Straßen mit Kopfsteinpflaster, an denen Radfahrende auf Fußwege ausweichen. Er regte an, an einigen Orten über eine Veränderung des Straßenbelags nachzudenken – auch wenn das historische Pflaster „identitätsprägend“ sei. Was den öffentlichen Nahverkehr angehe, sei Birkenwerder durch die Regional- und die S-Bahn gut angebunden. Anders sähe es mit dem Verkehr innerorts aus, wobei die neue Buslinie die Situation schon verbessert habe. „Trotzdem sind diverse Siedlungsbereiche noch nicht erschlossen.“ 

Weniger Durchgangsverkehr, sicherere Radwege

Ziel des Mobilitätskonzepts sei, dass Menschen in Birkenwerder sicher mobil sein können, sagte Markus Zahn. Dazu gehöre unter anderem ein lückenloses innerörtliches Radwegenetz, die Trennung zwischen Fuß- und Radverkehr, die Verknüpfung von Bus und Bahn, die Verringerung des Durchgangsverkehrs und die Erhöhung der Elektromobilität. Über die Hauptverkehrsachse des Ortes fahren aktuell bis zu 20.000 Fahrzeugen pro Tag, berichtete Stephan Zimniok. 

Auf große Zustimmung stieß die Schulweg-AG der Pestalozzi-Schule, die sich seit November einmal in der Woche getroffen hatte, um Probleme zu analysieren und Forderungen zu erarbeiten. Stellvertretend für ihre Arbeitsgemeinschaft trugen Paul und Lisa aus der fünften Klasse und Helen und Felix aus der vierten Klasse die Ergebnisse ihres Arbeitsprozesses vor. Sie berichteten, dass der Weg zum Kinder- und Jugendfreizeithaus CORN viele Risiken berge – unter anderem wegen des schmalen Radwegs. Eine große Gefahrenquelle sei auch der rutschige Bohlenweg. Zu besonders unübersichtlichen Situationen komme es, wenn die Schülerinnen und Schüler morgens gleichzeitig zur Schule kommen oder nachmittags hinausströmen. „Es ist wenig Platz für Kinder und Eltern. Der Radweg Berlin-Kopenhagen führt direkt durch das Getümmel“, sagte Paul. 

Kinder fordern Tempo 30

Eine Forderung der AG, um Schulwege sicherer zu machen, ist Tempo 30 für Birkenwerder – vor allem direkt vor der Schule. Die Situation an der großen Straße sei stressig, sagte Lisa. „Man kriegt schnell Angst.“ Eine weitere wichtigste Forderungen seien längere Grünphasen für alle, die mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind. „Wir bitten auch darum, dass keine Mülltonnen mehr auf die Radwege gestellt werden“, sagte Lisa. Ein weiterer Wunsch: überdachte und beleuchtete Fahrradständer. Bürgermeister Stephan Zimniok versprach „nichts unversucht zu lassen“, aber sagte auch, dass die Gemeinde nicht alles selbstständig entscheiden könne. Mit der Einschätzung der Schülerinnen und Schüler aber habe die Verwaltung auch gegenüber dem Landkreis zusätzliche Argumente an der Hand, was die Verkehrsplanung betreffe.

Ideen zu Verkehrserziehung und Elterntaxis

Die anschließenden Werkstattrunden boten die Möglichkeit, in kleineren Gruppen über vier Schwerpunktthemen zu diskutieren. Beim Thema Schulwegsicherheit wurde viel darüber gesprochen, dass viele Eltern ihre Kinder morgens mit dem Auto so nah wie möglich an die Schule bringen wollen, wodurch unübersichtliche Verkehrssituationen entstehen. Vorgeschlagen wurde unter anderem, einen „Kiss-and-Ride-Parkplatz“, also eine Haltefläche für Elterntaxis etwas abseits vom Schulhof zu schaffen. Auch ein „Laufbus“ war im Gespräch, bei dem sich Eltern verabreden, mit Kindern morgens gemeinsam zur Schule zu laufen. Auch eine Stärkung der Verkehrserziehung – beispielsweise durch eine „Busschule“ – wurde angeregt. Andreas Blaschke, Sprecher der Ortsgruppe des ADFC, schlug vor, eine Mobilitätswoche in Birkenwerder zu veranstalten, in deren Rahmen Ideen wie der Laufbaus ausprobiert werden könnten.  

Vorschläge für Fahrradstraßen

Ein zentrales Thema der Werkstattrunde zum Thema Nahmobilität war die B96. Für die vielen Probleme ließe sich nicht „die eine“ Lösung finden, sagte Roman Parzonka. Stattdessen müsse man abschnittsweise vorgehen. Eine Einwohnerin regte an, Bedarfsampeln am Abend nicht auszuschalten, um die Sicherheit für Fußgängerinnen und Fußgänger zu erhöhen. 

Beim Thema Radverkehr schlägt das Ingenieurbüros unter anderem vor, Wanderwege auch für Radfahrende freizugeben – unter der Voraussetzung, dass diese dort nur Gäste seien und Fußgängerinnen und Fußgänger Vorrang hätten. Als mögliche Fahrradstraßen wurden der Wensickendorfer Weg mit Friesenstraße sowie der Burgestellenweg ins Gespräch gebracht.

Themen in der Werkstattrunde zum Kfz-Verkehr waren der Durchgangsverkehr in Wohngebieten und die Ertüchtigung von Straßen. Dabei sei der Wunsch nach einer stärkeren Überwachung der Einhaltung von Verkehrsregeln wie Geschwindigkeitsbegrenzungen geäußert worden, berichtete Markus Zahn von Ingenieurbüro Spiekermann. Die Werkstattrunde zum ÖPNV habe gezeigt, dass die neue Ortsbuslinie sehr begrüßt werde. Allerdings werde sie außerhalb des Schul- und Berufsverkehrs bisher nur zurückhaltend angenommen, sagte Zahn.

In allen vier Runden hatten die Anwesenden die Möglichkeit, mit Klebepunkten auf Plakaten Themen und Ideen zu markieren, die sie besonders wichtig finden. Diese Hinweise nehmen die Mitarbeitenden des Ingenieurbüros mit in die weitere Planung, sagte Inga Deibel. 

Text/Fotos: id

Bildunterschriften:

Bei der zweiten Bürgerwerkstatt zum Mobilitätskonzept präsentierte das Ingenieurbüro Spiekermann den Stand der Dinge und sammelte neue Ideen

An Pinnbrettern und auf Plakaten wurden Probleme und Lösungsvorschläge vorgestellt