Empörung und auch etwas Ohnmacht

Zu einer Lesung des Buches „LÄRM. Eine Erzählung am Rande des Nervenzusammenbruchs“ hatte am 26. Juni die Kommunale Galerie47 Birkenwerder e.V. in ihre Räume in der Hauptstraße 47 eingeladen. Dazu waren die Autorin Roswitha Schieb und die Germanistik- und Slawistik Wissenschaftlerin und Publizistin Beata Kozak, die die Veranstaltung moderierte, gekommen. Und trotz fast 35 Grad am Nachmittag hatten sich mehr als 20 Besucher eingefunden, die sich in der anschließenden Frage- und Diskussionsrunde äußerst interessiert zeigten und über eigene Erfahrungen mit dem Thema Lärm erzählten.

Roswitha Schieb ist pessimistisch

Roswitha Schieb lebt als freie Buchautorin, Essayistin und Publizistin im Hohen Neuendorfer Ortsteil Borgsdorf. Sie hat neben Theaterbüchern und Erzählungen etliche kulturhistorische Titel zu Rügen, Berlin, Polen, Schlesien, Breslau, Galizien und Böhmen veröffentlicht. In den 100 Seiten des vorgestellten Buches der Edition A.B.Fischer GbR Berlin erzählt sie die Geschichte eines aussichtslosen Kampfes gegen die alltäglichen akustischen Zumutungen der Welt, in der Getöse meist mit Leben und Freiheit verwechselt wird. „Der Lärm um uns ist allgegenwärtig, man kann ihm nicht entkommen“, ist das Fazit der 60-Jährigen. Und doch, erfährt sie mit Erstaunen, ist die Geschichte voll von tapferen Streitern für eine ruhigere und auch klangvollere Welt. Auf Nachfrage nach dem Stil und Charakter des Buches muss sie kurz überlegen. „Ich denke, es ist ein literarisches Essay mit dem Gefühl von Empörung, Entrüstung und teilweise einem Ohnmachtsgefühl. Und ich sehe zu dem Thema auch eine gewisse Aussichtslosigkeit und bin relativ pessimistisch“, antwortet Roswitha Schieb.

Viele Sätze machen nachdenklich

Von ihren Erlebnissen und Eindrücken am Rande eines Kindergartens im Brandenburger Sommer mit Geschrei von früh bis abends, jungen Leuten mit lauter Musik an einem See, Radiogetöse im Zug, mit Kopfhörer-Musik bedröhnten Radfahrern und anderen Szenen erzählt die Autorin mit einer dichten, präzisen Sprache und sorgsam formulierten, ruhig dahingleitenden, schlicht-schönen Sätzen, die im besten Sinne Ruhe ausströmen. „Es gibt Leute, die das ausblenden können, die habe ich immer sehr beneidet.“ Und „ Getöse und Laustärke wird immer wieder verwechselt mit Vitalität.“  Die Sätze machen nachdenklich. Und einen aktuellen Bezug hat Roswitha Schieb auch noch: „Geräuschlose Kanonen hätte man nie in einem Krieg verwendet.“ Immer wieder weist sie auch auf Raymond Murray Schafer, den 2021 verstorbenen kanadischen Komponisten, Klangforscher und Autoren hin. „Macht ist ohne Lärm nicht möglich“, ist eines der Zitate. Und zum Schluss gibt es auch in der Galerie noch etwas Lärm durch die laut applaudierenden  Besucher. Und für Roswitha Schieb und Beata Kozak als Dank Blumen von Katarzyna Sekulla,  2. Vorsitzende der kommunalen Galerie.

Dort ist die Ausstellung "colour - in motion" mit Arbeiten von Evelyn Sommerhoff und Susanne Zinser nur noch bis zum bis 3. Juli , Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr zu sehen. Die Ausstellung ist der wechselseitige Austausch von zwei unterschiedlichen künstlerischen Positionen mit gleichem Ansatz. Das verbindende Element ist die Anziehungskraft, die Reibung, der Zusammenhalt, die Parallelen zwischen den Künstlerinnen. 

Bildunterschrift: Über 20 Besucher waren zu Lesung gekommen.

Text/Foto:  jz